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Last Modified: | Tuesday, 2015-05-05 - 08:08:59 |
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Alternative: | Printable HTML |
Title: | Struktur und Dramaturgie | ||
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Abstract: | Angestrebte Lernergebnisse: Verständnis für Struktur und Dramaturgie von multimedialen Anwendungen; Kenntnis von Strukturmodellen; Überblick über dramaturgische Implikationen verschiedener Medien. | ||
Status: | Final | Version: | 2005-01-05 |
History: | 2005-01-05 (Robert Fuchs): Replaced content with Kipcak's updated text. 2004-XX-XX (Viktor Solt-Bittner): Created learning unit. |
Author 1: | Orhan Kipcak | E-Mail: | kipcak@adm.at |
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Author 2: | Viktor Solt-Bittner (LOD 1) | E-Mail: | viktor@bonsai-cuts.at |
Author 3: | (empty) | E-Mail: | (empty) |
Author 4: | (empty) | E-Mail: | (empty) |
Author 5: | (empty) | E-Mail: | (empty) |
Organization: | adm o.kipcak & partner ges.m.b.h., www.adm.at |
Einleitung1technologischer Fortschritt: neue Formen multimedialer Anwendungsgebiete Synkretismen: Zusammenfügungen und Vermischungen bereits existierender Medien 2Das Feld multimedialer Anwendungen ist ein sehr weites und ständig wachsendes. Dies hat einerseits mit dem technologischen Fortschritt zu tun, der immer neue Formen multimedialer Anwendungsgebiete ermöglicht. Andererseits entstehen laufend Synkretismen (Zusammenfügungen und Vermischungen) bereits existierender medialer Informationsprozesse die eigene Gesetzmäßigkeiten der Inszenierung mit sich bringen. AUTOAls aktuelles Beispiel sei hier auf die immer umfangreicheren Möglichkeiten der Datennutzung in Verbindung mit kommunikativen Features hingewiesen, die mit den verschiedenen Technologien des Mobile Computings möglich geworden sind (hand hold Computern, UMTS). AUTOVor dem Hintergrund dieser sehr vielfältigen und dynamischen Szenerie ist es hier nur schwer möglich, alle Aspekte multimedialer Strukturen und Dramaturgien erschöpfend darzustellen. Ziel dieses Artikels wird es daher sein, Grund legende Begriffe zu klären, sowie die Grundlagen dramaturgisch sinnvoller Informationsvermittlung vorzustellen. Hierbei soll es ausschließlich um inszenatorische Spielregeln und Fragen gehen. In der folgenden Lerning Unit (Multimediale Anwendungen: Typen) werden dann verschiedene Formen multimedialer Applikationen unter allgemeineren Gesichtspunkten vorgestellt. Struktur1Struktur: Der Aufbau multimedialer Anwendungen in den Inhalte und Interaktionsmöglichkeiten eingebettet sind. gebildet von:
abhängig von:
2AUTO„Struktur“ ist, wie viele Fachtermini im Bereich Multimedia ein unscharfer Begriff. Er bezeichnet im Zusammenhang mit multimedialen Anwendungen deren Aufbau, deren grammatikalisches und syntaktisches Gefüge in das Inhalte und Interaktionsmöglichkeiten eingebettet sind. AUTODie Struktur einer multimedialen Applikation bildet ein übergeordnetes Ganzes, ein Rahmenwerk. Dieses Rahmenwerk umfasst vor allem Aspekte der Organisation und Hierarchisierung von Inhalten die mit Hilfe von konsistent konzipierten Interaktions- und Navigationselementen an den Nutzer der Applikation vermittelt werden - Strukturen sind Frameworks gebildet von den Parametern Ordnung, Hierarchie und Interaktion. Der Charakter dieser Strukturen ist abhängig:
sodann in der Folge:
Ordnung1Inhalte müssen durch ein Ordnungssystem strukturiert werden:
Anforderungen an einOrdnungssystem:
Verständlichkeit ist abhängig vom kulturellen Umfeld. Ordnungssysteme:
Ordnungssyateme treten meist in Kombinationen auf. 2AUTOOrdnung ist die zentrale Kategorie von Struktur. Inhalte die im Rahmen einer Multimedia-Applikation vorgestellt werden, müssen durch ein Ordnungssystem so strukturiert werden, dass ein sinnvolles Informationsgefüge entsteht. AUTODieses Ordnungssystem muss transparent und konsistent sein. D.h. es muss einerseits nachvollziehbar sein, logisch in Bezug auf die verwalteten Inhalte, andererseits muss es in sich widerspruchsfrei funktionieren. Ordnungssysteme sollten ihre logische Entsprechung im Inhalt finden und verständlich sein. Verständlichkeit ist abhängig vom kulturellen Umfeld in dem ein Ordnungssystem zum Einsatz kommt. D.h. Ordnungssysteme haben eine kulturelle Dimension, die bei der Konzeption einer Multimedia-Applikation nicht zu unterschätzen ist: Es gibt Ordnungssysteme die sich tief in das Alltagsleben unserer Kultur eingeprägt haben (z.B. das Alphabet als Strukturierungsinstrument für tabellarische Auflistungen wie Telefonbücher). Andere Ordnungssysteme erfüllen nur für eine relativ kleine Gruppe von Anwendern die Kriterien Transparenz und Konsistenz (etwa das Periodensystem chemischer Elemente). OrdnungssystemePrinzipiell unterscheidet man als Ordnungssysteme:
Diese Formen treten bei der Gestaltung einer Multimedia-Applikation meist in Kombinationen auf. Die Herausforderung für das Multimediadesign besteht in ihrer sinnvollen Auswahl, besonders im Hinblick auf Inhalt und Zielgruppe, sowie auf die Rolle, die sie in Bezug auf eine Multimediadramaturgie haben. Lineare Ordnungen1traditionellste Form der Informationsvermittlung
narrativ
oft eingebettet in hierarchisierenden Interfaces 2Die lineare, aufeinander aufbauende Abfolge von Informationen ist die traditionellste Form der Informationsvermittlung (das Medium Buch folgt einer linearen Ordnung). Der Benutzer muss von einem definierten Anfang bis zu einem Ende eine sequenzielle Folge von Informationseinheiten durchschreiten. Die lineare Ordnung ist die Ordnungsstruktur mit dem grössten „narrativen Impact“. AnwendungenIm Mulitmedia-Design findet sie sinnvolle Anwendung in Präsentationen (Powerpoint) oder Erzählungen (e-Books). Lineare Ordnungselemente sind oft eingebettet in hierarchisierenden Interfaces (zB: bei DVDs und CD-Roms) Hierarchien1Hierarchien fragmentieren und reorganisieren Informationsmengen Kriterien:
Hierarchien sind bei großen oder heterogenen Informationsmengen unverzichtbar
Entwicklung von Hierarchisierungsstrategien: zentrale Aufgabe im Multimedia Design Abbildung von Hierarchien:
Text basierende ListenVorteile:
Nachteil:
BildmenuesInhalte als Logos oder miniaturisierten Abbilder Vorteile:
Nachteile:
Interaktive SitemapsInformationshierarchie grafisch abgebildet clickable maps Vorteil:
Nachteil:
2AUTOHierarchien fragmentieren und reorganisieren Informationsmengen nach den Kriterien der Sachlogik und der Benutzerfreundlichkeit. AUTOIn den meisten Fällen bilden Hierarchien einen Kompromiss dieser beiden Rahmenbedingungen. Hierarchisierung ist besonders bei großen oder heterogenen Informationsmengen unverzichtbar. Hierarchisierung von Information ist eine Ordnungstechnik, die eine der wesentlichen Grundlagen unserer Zivilisation bildet – sie ist die wichtigste Strategie zu Reduktion von Komplexität und als solche die Grundlage für Lern- und Kommunikationsprozesse aller Art. Die Entwicklung von Hierarchisierungsstrategien ist eine zentrale Aufgabe im Multimedia Design. Hierarchien teilen die Gesamtheit einer Informationsmenge in Gruppen, Subgruppen, Sub-Subgruppen, dies so lange bis eine weitere Fragmentierung nicht mehr möglich oder sinnvoll ist. Es entstehen Informationsebenen (die sich bei einer Applikation als Navigationsebenen abbilden können). Abbildung von HierachienEs gibt verschiedene Möglichkeiten, Hierarchien innerhalb einer Applikation(etwa einer Website oder einer CD-ROM) durch Interfaces abzubilden und für den Anwender nutzbar zu machen. Welche dieser Möglichkeiten gewählt wird hängt von den Inhalten und vom dramaturgischen Konzept einer Anwendung ab. In diesem Bereich entstehen besonders durch neue portable Hardwaretechnologien wie den PDAs oder neuartigen Multimedia-Devices wie dem Apple iPod laufend neue, originelle Konzepte. Hier einige der geläufigsten Techniken zur Abbildung von Hierarchien in Applikationen:
textbasierende Listengegliedert mit top-down-Nummerierungen, Einrückungen etc. und textbasierende Menue/Submenues wie Lösungen die sich am Explorer-Standard orientieren oder Pulldown-Menues und kontextorientierte Submenue-Funktionalitäten. Diese Lösungen sind besonders für Anwendungen geeignet, bei denen große und heterogene Datenmengen zugänglich gemacht werden müssen. Ein Beispiel dafür wäre etwa das Webportal. VorteilLösungen dieser Art haben den Vorteil der Übersichtlichkeit, Kompaktheit, sie sind leicht administrierbar. Ihr Gebrauch hat sich allgemein etabliert. NachteilIhr Nachteil ist ihre oft spröde Erscheinungsform. Sie haben nur eingeschränktes Gestaltungspotenzial. BildmenüsInhalte werden in Form von Logos oder miniaturisierten Abbildern der Inhalte vorwegnommen: VorteilIhr Vorteil liegt in der Möglichkeit, Inhalte über Piktogramme, oder charakteristische, illustrative Elemente „anzukündigen“. Das heißt, die Abbildung der Hierarchie kann „emotionalisiert“ werden. Im besten Fall entsteht eine enge Verbindung zwischen technischer Ordnung und kommunikativem Prozess. Diese Form der Abbildung bietet große Gestaltungspotenziale (aber auch große Gestaltungsrisiken). NachteilIhr Nachteil liegt in der Eingeschränktheit, große und verschiedenartige Informationsmengen zu verwalten und in der oft arbeitsintensiven Gestaltungsarbeit, die Lösungen dieser Art beim Interfacedesign erfordern. Dazu kommt, dass diese Lösungen oft nur eingeschränkt ein dynamisches Erweitern und Verringern von Informationsinhalten und Informationsstrukturen gestatten. Interaktive SitemapsDie Informationshierarchie wird direkt grafisch abgebildet. In den meisten Fällen bilden Sitemaps die Inhalte einer Hierarchie als Informationsbaum grafisch ab. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, besonders bei großen und heterogenen Informationsstrukturen (etwa der corporate site einer Firma mit breiter Angebotspalette) einen Überblick über das gesamte Informationsangebot zu schaffen. Die Aufgabe von Sitemaps besteht primär darin, schnell Überblick zu verschaffen - als primäres Navigationsinstrument ist sie oft zu sperrig in der Handhabung. Inzwischen haben sich sitemaps bei größeren Websites als Standard etabliert. Hier werden clickable maps als ergänzende Navigationshilfe implementiert. InformationsbaumBei der Entwicklung von Sitestrukturen stellt der Informationsbaum ein wichtiges Hilfsmittel dar. Vor einigen Jahren wurden etliche Interfacekonzepte entwickelt, bei denen 3-D Abbildungen von Informationsbäumen und Mind Maps (Grafiken, die den Vorstellungs- und Assoziationsraum von Topics und Begriffen grafisch abbilden) als Hauptinterfaces fungierten. Diese Konzepte haben sich – obwohl sie informationstechnisch innovativ waren, nicht durchsetzten können. Flußdiagramm artige Ordnungen1wichtiges Konzeptionswerkzeug für Software-Entwicklung
Flußdiagramm-Interface bietet vorstrukturierte Inhalte gezielt an.
Anwendung:
Vorteil:
Nachteil:
2AUTODas Flussdiagramm ist als wichtiges Konzeptionswerkzeug aus dem Bereich der Software-Entwicklung schon seit den 60er Jahren bekannt. Es bildet die Arbeitsschritte einer Software in Form standardisierter, grafischer Kürzel ab. AUTOAnalog dazu gibt es Interfacekonzepte die Flußdiagramm artige Ordnungen dazu einsetzen, um vorstrukturierte Inhalte gezielt anzubieten. Es handelt sich hier also um Informationsumgebungen, deren Hauptmerkmal oft eine intensive Interaktion mit dem Anwender darstellt (etwa: „Wenn sie sich für Hunde interessieren, weiter mit A, wenn sie sich für Katzen interessieren dann B“). Diese Interaktion mit dem User kann aber auch durch automatisierte Features wie Usertracking bzw. Loganalyse gesteuert werden (etwa bei Amazon.com: „Kunden die dieses Buch gekauft haben, haben auch....“) AnwendungEin klassisches Anwendungsgebiet wären E-Learning-Umgebungen, Online-Fragebögen, Fehlersuchbäume, Help-Applikationen. AUTOGenerell lässt sich sagen, dass diese Ordnungen bei in sich abgeschlossenen Applikation eingesetzt werden, die ein klares Anwendungs- und Userprofil bedienen. VorteilIhr Vorteil liegt im anwenderspezifischen, gezielten Einsatz von Contents, den dadurch erweiterten dramaturgischen Potentialen und der Möglichkeit erhöhter kommunikativer Dichte. NachteilIhr Nachteil liegt im oft stark erhöhten Entwicklungsaufwand dieser Lösungen.
Netzwerk/Hypertext artige Ordnungen12„Hypertext“ war das Schlagwort, das sich Anfang der 90er Jahre mit dem damals neuen Medium World Wide Web verbunden hat. AUTOHypertext bezeichnet eine flache Hierarchisierungsordnung bei der alle Informationsinhalte direkt miteinander verbunden werden können. Der Benutzer kann über Querverweise (Links) direkt von Topic zu Topic springen. VorteilNetzwerk artige Strukturen, die solcher Art entstehen, haben den Vorteil, dichte und assoziationsreiche Informationsumgebungen zu bilden. NachteilNachteilig ist die ihnen immanente Unübersichtlichkeit, ihr Mangel an Systematik und äußerer Struktur. AnwendungIhr Hauptanwendungsgebiet liegt in der assoziativen Verknüpfung unterschiedlicher Inhalte oder der Ergänzung und Kontextualisierung von Informationen, etwa bei Querverweisen in Nachschlagewerken. Datenbanken1verwalten Datensätze oder Datensatzcluster bei fast allen multimedialen Anwendungen im Hintergrund Vorteil
Nachteil
2AUTODatenbanken sind Software-Instrumente, mit denen Datensätze oder Datensatzcluster gezielt verwaltet und abgerufen werden können. Sie bieten das Potential, Informationsmengen mit großer Präzision zum Einsatz zu bringen. AUTOAls Technologie sind Datenbanken bzw. Datenbank artige Applikationen inzwischen bei fast allen multimedialen Anwendungen „diskret“ im Hintergrund tätig – sie verschwinden sozusagen in der Inszenierung (bei vielen Edutainment-CD-Roms zum Beispiel). Bei speziellen Anwendungen, die den präzisen und selektiven Zugriff auf Informationen erfordern - etwa bei der Notwendigkeit kombinierter Suchabfragen („Zeige mir alle männlichen Eigentümer der Automarke Saab in Wien“), bildet sich die Datenbank-Technologie und die eingesetzte Datenstruktur direkt in der Benutzerschnittstelle ab (etwa bei Webshops, Verzeichnisdiensten etc.). VorteilDer Vorteil von Datenbank artigen Interfacestrukturen liegt in ihrer Flexibilität und konzentrierten Dichte. NachteilNachteilig ist der Umstand, dass sich ihre Verwendung, besonders bei komplexen Abfragemöglichkeiten (etwa mit logischen Operatoren wie und/oder-Abfragen), noch nicht durchgehend als kulturtechnischer Standard etabliert hat. Dramaturgie1Dramaturgie befasst sich mit Wesen, Wirkung und Formgesetz eines Mediums in Bezug auf die vermittelten Inhalte.
Gestaltungselemente Multimedia-Design:
Jedes Medium hat eigene Wirkungsmechanismen
Dramaturgie setzt Verständnis für das Zielpublikum voraus. Medien:
2AUTODramaturgie ist ein Begriff der im Zusammenhang mit den dramatischen Künsten Theater und Film geläufig ist, der aber bei allen Formen medialer Gestaltung eine Rolle spielt. Dramaturgie befasst sich mit Wesen, Wirkung und Formgesetz eines Mediums – immer in Bezug auf die über ein Medium vermittelten Inhalte. Dramaturgie in Theater und MultimediaBei der Gestaltung von Medien hat die Dramaturgie die Aufgabe eine konzeptionelle Gesamtlinie für den Einsatz der zur Verfügung stehenden medialen Gestaltungsmitteln zu formulieren. Dies mit dem Ziel, Inhalte, Informationen mit größtmöglicher Publikumswirksamkeit zu vermitteln. Eine dramaturgische Gesamtlinie wird etwa beim Theater im Vorfeld der Inszenierung in enger Zusammenarbeit zwischen dem Dramaturgen und dem Regisseur entwickelt. Im Multimedia Design sind – je nach Aufgabe - meistens Konzeptionist bzw. Creative Director für mediendramaturgische Fragen zuständig. Allgemein gesagt: Dramaturgie schafft die Grundlagen für die konsistente inszenatorische Organisation jener Gestaltungsmittel die dem jeweiligen Medium inhärent sind. AUTODiese medialen, medieninherenten Gestaltungsmittel sind beim „Medium“ Theater z.B. der narrative Bogen den Handlung und Nebenhandlungen von der Exposition bis zum Climax schlagen. Oder Handlungselemente wie etwa der Dialog oder der Monolog. WirkungsmechanismenBei einer Multimedia-Applikation werden dagegen andere Gestaltungselemente auf andere Art wirksam. Beim Multimedia-Design sind die medieninherenten Features interaktiver Medien wie Vernetzung, Non-Linearität und Reversibilität zentrale dramaturgische Kategorien. Sie erfordern ein prinzipiell unterschiedliches Herangehen als traditionelle Medien die ihre Inhalte entlang einer starren Zeitachse vortragen. Allgemein gesagt bedeutet dies: Jedes Medium hat eigene, spezifische Wirkungsmechanismen, die sich einerseits traditionell gebildet haben (z.T. in sehr langer Zeit, wie beim Theater oder im andauernden Umbruch wie beim digitalen Multimedia) und die andererseits von technologischen Voraussetzungen abhängig sind (z.b. der Bühnentechnik bzw. der EDV). Diese Wirkungsmechanismen bilden Möglichkeitsräume der Gestaltung, eine Art Schwerkraft die auf die medial zu vermittelnden Inhalte wirkt. Das Erkennen dieser Schwerkraft und ihr produktiver Einsatz zur Kommunikation von Inhalten ist die zentrale Aufgabe der Dramaturgie. Davon abgesehen können auch allgemeinere Wirkungszusammenhänge, gesamtkulturelle Aspekte, oder auch politische und soziale Parameter von dramaturgischem Interesse sein. In jedem Fall gilt aber: Dramaturgie setzt Verständnis für das Zielpublikum voraus (für welches Publikum wird „inszeniert“?, Wie erfahren ist das Publikum im Umgang mit dem eingesetzten Medium?). MedienWie schon weiter oben angemerkt, können in diesem Rahmen nicht alle Aspekte von Multimediadramaturgie behandelt werden. Wir beschränken uns daher auf eine knappe Beschreibung dramaturgischer Implikationen von:
Text/Schrift1Medium mit größter zivilisationsgeschichtlichen Bedeutung in allen Medientechnologien vom Papier bis zum Monitor Doppelcharakter:
Textinformationen auf Bildschirm:
Inszenierung von Multimedia-Anwendungen:
Stärken:
Schrift als grafisches Phänomen:
2Schrift ist das Medium mit der größten zivilisationsgeschichtlichen Bedeutung. Schriften und Texte durchdringen mit so großer Selbstverständlichkeit unser Alltagsleben und umgeben uns in allen Lebensaspekten in allen nur denkbaren Zusammenhängen, dass wir meisten gar nicht registrieren, wie vielfältig und komplex ihre Wirkungsmöglichkeiten sind. Dazu kommt, dass Schrift in allen Medientechnologien vom Papier bis zum Monitor eine Rolle spielt. Dieser medientechnologische Zusammenhang ist besonders wichtig was die dramaturgischen Implikationen von Schrift angeht. Die Regeln nach denen Schrift und Text gestaltet wird ändern sich, je nachdem, welche Technologie zu ihrer Darstellung genutzt wird – Schrift und Text müssen auf Monitoren anders gestaltet werden als auf Papier. Form und InformationGrund legend für das Multimediadesign ist aber das Wissen um den Doppelcharakter der Schrift: Sie ist einerseits Träger von Informationen, andererseits auch ein grafisches Phänomen mit bildhafter Gestalt und ist als solches formbar. Diese beiden Aspekte von Schrift bieten jeder auf seine Art wichtige dramaturgische Möglichkeiten für das Multimedia-Design. Schrift als Träger von InformationenSchrift erfordert beim Einsatz auf Bildschirm gestützten Medien eine andere Behandlung als auf Papier. Erfahrungsgemäß werden längere Texte nur ungern vom Bildschirm gelesen. Dies dürfte sowohl physiologisch-psychologische als auch kulturelle Gründe haben. Daher sollten Textinformationen auf Bildschirm folgenden Regeln folgen:
Bild oder TextGenerell gilt, dass bei der Inszenierung von Multimedia-Anwendungen Texte möglichst vermieden werden sollten und eine Dramaturgie der Visualisierung gewählt werden muss, bei der andere Medien wie Ton, Bild, Video etc. die Textinhalte weit gehend in sich aufnehmen oder auflösen. Das Medium Text hat - auch auf dem Bildschirm - Stärken in der Vermittlung von abstrakten Inhalten, die sich prinzipiell schwer oder gar nicht visualisieren lassen. Dramaturgisch lässt sich diese Schwierigkeit mindern durch Strukturierungsmaßnahmen (Texte übersichtlich machen, hierarchisieren), Ergänzen von Texten durch Illustrationen zur Veranschaulichung. In der tabellarischen Verwaltung von Informationen (etwa bei Online-Verzeichnis-Diensten) gibt es aus wahrnehmungspsychologischen Gründen (schnelles diagonales Lesen, Überblickslesen, präzise, explizite Bedeutung) keine Alternative zu Text und Schrift.
Schrift als grafisches PhänomenDie Typografie ist spätestens seit der Erfindung des Buchdrucks einer zentralen Kategorie bei der Gestaltung und Verbreitung von Informationen geworden. Schrift legt eine visuelle Spur der die Gedanken des Lesers folgen. Typografische Gestaltung ist zu einem guten Teil Gestaltung subliminaler Perzeptionsprozesse (das sind Wahrnehmungsprozesse, die am Rande oder unterhalb der bewussten Wahrnehmungsschwelle stattfinden). Wir alle haben gelernt, typografische Codes mehr oder weniger unbewusst als Informationen zu lesen, die die in einem Text beinhalteten Botschaften quasi bildhaft begleiten: Dass z.B. ein Satz in fettem Schriftschnitt innerhalb eines Textes mit normaler Schnitt seine Wichtigkeit signalisiert, ist uns selbstverständlich. SchriftwahlAber auch durch die Wahl bestimmter Schriftsorten kann Information über den Inhalt eines Textes kommuniziert werden. AUTOWenn wir etwa auf einer Website Texte sehen, gesetzt in einer „Schaftstiefel-Fraktur“, der Schrift die in der Nazi-Zeit mit Vorliebe gewählt wurde, so sagt uns schon ein erster kurzer Blick, dass uns wahrscheinlich rechtsextreme Inhalte erwarten. Eine Site, die sich mit HipHop befasst, beinhaltet nicht ohne Zufall typografische Elemente die auf die Graffitis von U-Bahn-Sprayern anspielen: Beide jugendliche Subkulturen stehen in einem inneren Zusammenhang – alleine durch das Schriftdesign bekommt der Betrachter einen ersten Eindruck vom Bedeutungsraum, den Inhalten, die ihn erwarten. AUTOFür das Multimedia-Design eröffnet sich durch die Auswahl bzw. der Gestaltung von Schrifttypen die dramaturgische Möglichkeit der Symbolisierung. Das Schriftbild kann als Ellipse funktionieren, eine dramaturgische Technik zur verkürzten Darstellung komplexer Sachverhalte oder Handlungen. Schriftbilder finden meistens Verwendung in der Form des Logos, bei der Gestaltung von Konsistenzelementen wie der Navigation oder bei anderen funktionalen Elementen des Interface- und Interaktionsdesigns. Ton1unterschätztes und vernachlässigtes Medium Klang
Wirkung:
Einsatz:
2Der Ton ist, ähnlich wie die Schrift, ein oft unterschätztes und vernachlässigtes Medium. Klang hat kein Bild und keinen Körper. Aber dieser Mangel ist zugleich die Voraussetzung für seine wesentliche Qualität: Klang wirkt in der Vorstellung. Wirkung auf andere MedienZugleich hat der Ton die Eigenschaft, sich in der Vorstellung nahtlos mit allen anderen Medien zu verbinden, die im Zusammenhang mit ihm auftreten. D.h., wenn wir von der Musik oder Formen wie dem Hörspiel absehen, ist der Ton vor allem ein Supplement-Medium: Er ist Gestaltungsgegenstand im Zusammenhang mit anderen Medien. Video, Film, Animation können durch Ton in ihrer Wirkung entscheidend gesteigert werden. Durch Ton können Inhalte die diese Medien transportieren, unterstrichen, verdeutlicht oder konterkariert, visuelle Abläufe können beschleunigt oder verzögert werden. Dieses Spektrum dramaturgischer Möglichkeiten ist relevant vor allem bei Zeit basierenden Medien wie etwa dem Video. EinsatzBei der Gestaltung von interaktiven Applikationen, bei denen der Benutzer den Informationsfluss steuern kann, kann die fehlende Kontrolle über die Dauer von Ton zu irritierenden Effekten führen (bei Webseiten mit Endlos-Loops als Hintergrundsound etwa). D.h. beim Einsatz von Ton in interaktiven Medien ist Augenmerk besonders auf den Zeitaspekt zu richten. Generell kann gesagt werden, dass der Ton ein Medium ist, das mehr als andere mediale Komponenten kontrolliert und mit Präzision verwendet werden soll. Präzision bedeutet vor allem, dass eingesetzte Tonelemente klare dramaturgische Funktionen, erkennbare Aufgaben im Informationsgefüge einer Multimedia-Applikation haben müssen. Zur Verdeutlichung ein einfaches Beispiel: In der Navigationsstruktur einer Site quittiert ein Tonsignal Eingabebefehle - es liefert unmittelbaren Response auf Interaktionen mit der Applikation. Ein kleiner Klangeffekt kann so den Eindruck einer straffen Benutzeroberfläche vermitteln und damit den Gesamteindruck der Applikation positiv verstärken. AUTOBei Bildschirm gestützten Medien, mit großem narrativen Impact wie z.B. der Edutainment-CD-Rom, spielt der Ton eine wesentliche Rolle als Substitut für Schrift. Schrift ist, wie weiter oben ausgeführt, im Einsatz auf Monitoren problematisch – kaum jemand liest gerne vom Bildschirm. Eine sinnvolle Strategie kann daher sein, wesentliche Informationen vorzulesen oder durch O-Töne zu präsentieren. Bild1
2Dramaturgische Funktionen von Bildern wurde in den vorherigen Abschnitten dieses Artikels schon öfters angesprochen – dies zeigt ihre zentrale Bedeutung für das Multimedia-Design. Generell kann gesagt werden, dass die Art ihrer Verwendung stark vom Anwendungszweck der Multimedia-Applikation bestimmt ist, in der sie eingesetzt werden. Funktion:
Ihr Einsatz folgt über weiten Strecken analog zu den (sehr offenen) Dramaturgien, wie sie auch im Printbereich Gültigkeit haben. Neue dramaturgische Qualität bekommen Bilder in interaktiven oder animativen Zusammenhängen. Video1Embeded Videomeist als externe Quelle in eine Applikation:
dramaturgische Herausforderung:
Ziele:
Interaktives Video
Möglichkeiten:
Dramaturgien noch in Entwicklung, kaum verbindliche Standards. Ausnahme Computerspiel:
2Embeded VideoBei Multimedia-Applikationen werden Videos zumeist als externe Quelle in eine Applikation mit eigener Navigations- und Informationsstruktur eingebettet – das Video erscheint als Fenster im Applikationsfenster einer Website, CD-Rom oder DVD. Die wichtigste dramaturgische Aufgabe besteht hier in der logisch und ästhetisch plausiblen Einbindung dieser Videoquellen in die Gesamtapplikation. Inhalt, Größe und Ästhetik des Videomaterials sind dabei ebenso Gestaltungsparameter wie Navigations- und Interaktionsmöglichkeiten der Umgebung in die die Videoquellen eingelagert werden. Zudem ist die Qualität der Kontextualisierungselemente - der ergänzenden Informationen zu den Inhalten der Videos – wesentlich. Dem Betrachter sollte immer klar sein, welche Bedeutung ein Video im Gesamtzusammenhang einer Multimedia-Applikation hat. Das Ziel sollte die Schaffung einer Informationsumgebung sein, die als ganzes homogen und schlüssig auftritt und in der ein in sich abgeschlossenes Video-Element nicht als Fremdkörper erscheint. Interaktives VideoDurch DVD-Technologien, Entwicklungen wie dem interaktiven Fernsehen aber vor allem durch immer komplexere Computerspiele ist in den letzten Jahren die Möglichkeit entstanden, hoch auflösende Videos interaktiv zu steuern. Es entsteht so die Möglichkeit Kameraperspektiven und Handlungsabläufe zu disponieren, auch die Entwicklung non linearer Erzählformen ist realisierbar. Dramaturgien zur Gestaltung interaktiver Formen des Videos sind noch in einem Stadium der Entwicklung – hier gibt es noch kaum verbindliche Standards. Allerdings gilt dies nicht für das Computerspiel, das sich in den letzten 20 Jahren zu einem eigenen Medium mit eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickelt hat. Animation1spezieller Fall des Videos Internet: Flash abstrakter als Videofilm Stärke:
weniger geeignet:
Anwendung:
AufmerksamkeitÜberraschende und spektakuläre Bildwirkungen um Aufmerksamkeit zu binden - Beispiel Bannerwerbung InterfaceAnimationen als Navigationsbestandteil InformationAnimationen nicht nur als Selbstzweck (Negativbeispiel Flashintro) 2Die Animation ist ein spezieller Fall des Videos, das in den letzten Jahren durch die geschickte Distributionspolitik der Firma Macromedia und ihres Produktes Flash auch im Internet weite Verbreitung gefunden hat. Animationen bilden ihre Gegenstände abstrakter ab als etwa ein Videofilm. AnwendungDieser höhere Abstraktionsgrad macht sie besonders geeignet für kompakte, illustrative Inhalte. Aus dem gleichen Grund sind sie eher ungeeignet für längere, narrative Formen. Step-by-Step-Gebrauchsanweisungen, animierte Infografiken, bewegte Illustrationen in Edutainment oder E-Learning-Anwendungen sind dafür geläufige Beispiele (daneben ist auch auf die Produktion einer rasant wachsenden Online-Animationsfilmgemeinde hinzuweisen). AufmerksamkeitMit Animationen können überraschende und spektakuläre Bildwirkungen erzielt werden die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Diese dramaturgische Möglichkeit prädestiniert sie als Eye Catcher in verschieden Anwendungsfeldern: Etabliert haben sie sich in der Bannerwerbung. Hier sind Animationen inzwischen unverzichtbar. InterfaceAnimative Elemente wie z.B. move-overs, living logos etc. kommen auch im Interface-Design zum Einsatz. InformationWichtig ist – auch für die Gestaltung von Animationen - ihr dramaturgisch sinnvoller Einsatz in Bezug auf Inhalt und Benutzer. Animative Effekte sollten nicht Selbstzweck sein, sondern einem informativen Gesamtzusammenhang dienen. Das virtuose Flash-Intro, das keinen informativen Mehrwert bietet ist ein oft erlebtes Negativbeispiel. Interaktion1zentrale Qualität von Multimedia intensiviert die Beziehung des Benutzers zu Inhalten Einsatz:
Gestaltungsparameter:
2Interaktivität ist die zentrale Qualität über die das Multimediadesign gegenüber dem klassischen Mediendesign (etwa Print, Video, etc.) verfügt. EinsatzInteraktive Features intensivieren die Beziehung des Benutzers zu den vorgestellten Inhalten. Die verschiedenen Kategorien im Zusammenhang mit dem Begriff Interaktivität werden in einer eigenen LU im Detail vorgestellt. Wesentlich ist es für uns zu wissen, dass Interaktionen die Ausweitung dramaturgischer Möglichkeiten von Medien bewirken: Durch Interaktionsdesign können Vernetzungen, Kontextualisierungen, nonlineare Narrationsformen gestaltet werden. Die zu Beginn geschilderten Hierarchisierungsordnungen werden erst durch Interaktionsdesign konstituiert. Abhängig von der Applikationsart sind intensive oder weniger intensive Interaktionsmöglichkeiten sinnvoll. So brauchen etwa E-Learning Applikationen mehr Interaktionsmöglichkeiten als mp3-Browser. AnwendungsregelnFolgende Gestaltungsparameter sind bei Planung von Interaktionsdramaturgien zu beachten:
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