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Last Modified:Tuesday, 2015-05-05 - 08:08:59
 
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Learning Unit ID: 11_2_animation
Title: Animation 2: Planung und Ausführung
Abstract: In dieser Lerneinheit werden die Phasen der Planung und Ausführung eines Animationsprojektes erläutert. Außerdem werden Techniken vorgestellt, mit deren Hilfe Animation von der bloßen Scheinbewegung zur Wiedergabe von lebendigen Bewegungsabläufen gesteigert wird, die in Folge der glaubwürdigen Darstellung von animierten Figuren dienen: aus Bewegungsillusion wird Lebensillusion.
 
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Author
Author 1: Viktor Solt-Bittner E-Mail: viktor@bonsai-cuts.at
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Organization: Bonsai Cuts, www.bonsai-cuts.at

Content

Planung

1

Drehbuch

schriftliche Festlegung der Handlung

Characterdesign

Festlegung des visuellen Stils

Storyboard

visuelle Erweiterung des Drehbuchs

Dope Sheet

tabellarische Festlegung der Animation

Ton

vor der Animation: Dialog, Musik (wenn sie den Rhythmus vorgibt)

nach der Animation: unterstützende Soundeffekte

2

Drehbuch

Der Inhalt und Ablauf einer Animation sollte in jedem Fall im Voraus schriftlich festgehalten werden. Wie detailliert das geschieht, hängt von der Komplexität der Animation und der Größe der am Projekt beteiligten Arbeitsgruppe ab.

  Auch wenn das Team nur aus ein oder zwei Personen besteht, ist ein Drehbuch sinnvoll. Durch die Schriftform ist der Gestalter gezwungen, vage Ideen auszuformulieren. Fällt dieser Zwang weg, passiert es leicht, dass eine Idee sich erst später im Animationsprozess als unausgegoren erweist, was wiederum die Überarbeitung bereits fertiger Teile oder des ganzen Projekts notwendig machen kann.

Characterdesign, Storyboard, Dope Sheet

Die nächste Stufe der Planung ist die Festlegung des allgemeinen visuellen Stils, der Darsteller und der einzelnen Animationssequenzen. Darsteller können neben Figuren auch Zeichen und andere Objekte sein.

Das Storyboard bildet neben dem Drehbuch die Grundlage für die Kommunikation im Team und mit Auftraggebern. Es zeigt für jede Szene die geplanten Handlungsabläufe, Blickwinkel und Bildausschnitte. Kamerafahrten und Zooms werden als Pfeile in die jeweiligen Bilder eingetragen.

Storyboard

Im Vergleich mit Realfilm-Dreharbeiten ist die wiederholte Aufnahme von Szenen mit alternativen Kameraeinstellungen in der Animation mit ungleich höherem Aufwand verbunden. Das Material, das dem Cutter für den Filmschnitt von Realaufnahmen letztlich zur Verfügung steht, kann die Länge des fertigen Films um das zehn- bis dreißigfache übersteigen, während im Animationsfilm darauf geachtet werden muss, Ausschuss nach Möglichkeit zu vermeiden. Daher ist die exakte Planung mittels Storyboard unerlässlich.

 

Storyboard und fertiger Film

Ein kurzer Ausschnitt eines Animationsfilms mit den entsprechenden Teilen des Storyboards. Drehbuch und Storyboard sind wichtige Grundlagen für die Planung einer Animation. Im Verlauf der weiteren Arbeit kann es trotzdem zu Abänderungen von Handlung oder Darstellung kommen.

Dope Sheet

Noch einen Schritt weiter geht man vor allem bei der Planung für Stop Motion Animation: Jede Bewegung, jeder Ton wird bildgenau in einer Tabelle festgelegt, die als Dope Sheet oder X-Sheet bezeichnet wird.

AUTO

In der linken Spalte wird die allgemeine Handlung fixiert, daneben Dialog und Musik, wenn vorhanden. Ganz rechts werden Kamerabewegungen eingetragen. Die Spalten dazwischen werden benötigt, wenn mehrere Cel-Ebenen in Verwendung sind, wobei selten mehr als ein oder zwei Spalten gebraucht werden.

Ton

Soundeffekte können auch erst im Nachhinein produziert und der Animation beigefügt werden. Musik, die den Rhythmus vorgibt, oder Dialog wird dagegen vor der Animation aufgenommen.

Ausführung

1

Pose to Pose

erst Hauptbilder (Keyframes)

dann Zwischenbilder (Tweenings)

 

Motion Path

Interpolation linear oder entlang eines Bewegunspfades

Beispiel

Straight Ahead

alle Einzelbilder in chronologischer Reihenfolge hergestellt

Cycle

wiederholte Bewegungen werden wiederholt abgespielt

Animation „on Twos“

langsame Bewegungen: 12 fps

Kinofilm: 24 fps

immer 2 folgende Filmkader mit dem selben Bild belichten

Faustregel: Überschneidung zwischen zwei aufeinanderfolgenden Bildern

12 fps, niedrige Geschwindigkeit, ausreichend Überschneidung:

12 fps, hohe Geschwindigkeit, Überschneidungsflächen zu klein, Bewegung ruckhaft:

Lösung: 24 fps

Notlösung: 12 fps, Bewegungsunschärfe vergrößert Zwischenbild-Überschneidungen:

 

2

Pose to Pose

Die Einzelbilder einer Bewegungssequenz für einen Animationsfilms werden meist nicht in chronologischer Reihenfolge erstellt. Zuerst werden Hauptbilder mit Extrempositionen fixiert, also Start- und Zielpunkte einer Bewegung, sowie der zeitliche Abstand zwischen den Extremen. Dann erst werden die Zwischenbilder erzeugt (Tweening). Diese Vorgehensweise wird Pose to Pose genannt. Hauptbilder, die Ausgang und Ziel des Tweenings bilden, werden als Keyframes bezeichnet.

Computeranimation entsteht fast ausschließlich in Pose-to-Pose-Manier.

Keyframes und Tweening

Keyframes sind vollflächig dargestellt, Tweenings als Konturen.

AUTO

In der Stop Motion Animation werden Zwischenbilder oft vom Inbetweener genannten Assistenten gezeichnet.

Motion Path

Animationsprogramme bieten meist auch die Möglichkeit, Tweenings und damit Bildfolgen durch Interpolation zwischen Extremwerten automatisch zu erzeugen. Diese Interpolation kann linear oder entlang eines Bewegunspfades erfolgen.

Beispiel

In einem 3D-Programm kann die räumliche Bewegung eines Objekts – in diesem Fall eines gehenden Fußes – durch Funktionskurven angezeigt und bearbeitet werden. Die Punkte entlang der Kurven stellen Keyframes dar. Durch Veränderung ihrer Position oder des Kurvenverlauf zwischen ihnen kann die räumliche Bewegung interaktiv gesteuert werden.

Links unten im Bild ist der aus den drei Funktionskurven resultierende Bewegungsverlauf in Orange eingezeichnet.

Straight Ahead

Werden alle Einzelbilder einer Sequenz in chronologischer Reihenfolge hergestellt, spricht man von Straight Ahead Animation.

Stop Motion Puppenanimation muss straight ahead produziert werden, da jede Pose nach einer Aufnahme verändert wird und damit verloren geht – im Unterschied zu nichtlinearen Techniken, wie der Computeranimation aber auch der Zeichentricktechnik, wo jedes Einzelbild als separate Zeichnung angelegt wird.

 

Cycle

Sich wiederholende Bewegungen, wie eine Raddrehung oder der Schritt einer gehenden Figur, werden in der Regel nur einmal gezeichnet und dann wiederholt abgespielt. Die Verwendung solcher Cycles (z.B. Walkcycles) kann viel Produktionszeit sparen. Bei billig produzierter TV-Massenware sind die wiederkehrenden Cycles oft sehr auffällig. Durch die separate, nichtzyklische Animation von Sekundärelementen (z.B. Kleidung, Staubwolken) kann ein Cycle kaschiert und die Animation insgesamt lebendiger gestaltet werden.

Runcycle

Ein Runcycle aus zehn Einzelbildern wird als Endlosschleife gespielt, während der Hintergrund vorbeizieht.

Animation „on Twos“

Ob die Scheinbewegung einer Animation fließend oder ruckartig erscheint, hängt nicht nur von Bildrate des laufenden Films ab, sondern auch die scheinbare Geschwindigkeit der animierten Objekte, also die Positionsänderung von Bild zu Bild.

Für langsame Bewegungen, sind 12 fps meist ausreichend. Deshalb werden Animationen sogar für Kinofilme über weite Strecken mit nur 12 Bildern pro Sekunde produziert werden. Ein Bild wird dann jeweils auf zwei aufeinander folgende Filmkader belichtet, wodurch der Film mit den genormten 24 fps abgespielt werden kann. Schnelle Bewegungen werden in der vollen Zeitauflösung von 24 fps produziert. Sogar 8 fps können ausreichen sein, vor allem wenn der allgemeine visuelle Stil des Films rau und sprunghaft ist.

Als Faustregel gilt, dass eine Form sich zwischen zwei aufeinanderfolgenden Bildern nur so weit bewegen soll, dass es noch eine deutliche Überschneidung zu sehen ist, wenn die Bilder überlagert gezeigt werden.

AUTO

Die Bewegung der gehenden Figur sieht bei 12 fps ausreichend flüssig aus:

Durch erhöhte Geschwindigkeit, also größere Verschiebung von Bild zu Bild, werden die Überschneidungsflächen kleiner. Die Bewegung erscheint ruckhaft:

Lösung: Die Bildrate wird auf 24 fps erhöht: Aus Long-Range wird wieder Short-Range Apparent Motion.

Notlösung: Durch simulierte Bewegungsunschärfe werden die Zwischenbild-Überschneidungen auch bei 12 fps wieder größer:

Animationsprinzipien

1

Illusion statt Interpolation

Animation muss die Illusion von physikalischer Masse erzeugen.

Animation ≠ Simulation

Bewegungsänderung braucht Energie

Bewegungsverhalten bietet Rückschluss auf Masse und Energie

Eindruck von Masse in Animation durch Timing und Spacing.

Fläche wird zu glaubwürdigem Objekt

 

Slow In, Slow Out

Bewegung beginnt nicht plötzlich und endet nicht plötzlich.

AUTO

Gegenbewegung (Anticipation)

Bewegung wird durch kurze Gegenbewegung eingeleitet.

Körper wird wie eine Uhrfeder „aufgezogen“: kinetische Energie wird gespeichert.

theatralische Bedeutung: Zuschauer werden auf folgende Aktion vorbereitet

 

Bögen (Arcs)

Gelenke, Luftwiderstand oder Gravitation lenken Körper auf gekrümmte Bahnen.

Overlapping Action

Nicht alle Teile eines Körpers beschleunigen und bremsen gleichmäßig.

Squash and Stretch

Körper wird durch Krafteinwirkung verformt

 

2

Illusion statt Interpolation

Wirklich überzeugend wirkt Animation erst, wenn Sie nicht nur Bewegung im Sinn von räumlicher Interpolation darstellt, sondern die bewegten Objekte real und belebt erscheinen lässt, also „animiert“ im wahrsten Sinn des Wortes.

Animation muss die Illusion von physikalischer Masse erzeugen, um zu überzeugen – was aber nicht bedeutet, dass Animation mit wissenschaftlicher Simulation gleichzusetzen ist.

Aus täglicher Beobachtung wissen wir, wie Körper sich bewegen. Dass Energie nötig ist, um sie in Bewegung zu setzen, und dass Energie nötig ist um Bewegung zu bremsen oder zu stoppen. Intuitiv können wir aus dem Bewegungsverhalten eines Körpers abschätzen, wie groß seine Masse ist, und wie viel Energie nötig ist, um seine Bewegung zu beschleunigen oder zu bremsen.

Der visuelle Eindruck von Masse kann durch die relative Größe eines Objekts im Vergleich zu anderen Objekten oder zum Bildschirm beeinflusst werden, oder durch Farbe und Helligkeit. In der Animation stehen aber bessere Mittel zur Verfügung: Timing und Spacing.

Durch die Beachtung einiger Grundprinzipien wird aus einer schwerelosen Fläche auf dem Bildschirm ein glaubwürdiges Objekt, das den Gesetzen seiner Welt gehorcht. Diese Gesetze sind jenen unserer Welt meist ähnlich.

Gewicht und Schwerelosigkeit

Die rote Kreisscheibe bewegt sich gleichmäßig und schwerelos. Die grüne Fläche bewegt sich im Vergleich viel glaubwürdiger, wie ein Ball, der den Kräften seiner Umgebung ausgesetzt ist, obwohl wir es hier nicht mit einer physikalischen Simulation zu tun haben.

AUTO

Ein großes Verdienst der Disney-Studios liegt in der Entdeckung und Erforschung dieser Animationsprinzipien in den 20er und 30er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts.

Slow In, Slow Out

Wird auch als „Ease In“ bzw. „Ease Out“ bezeichnet.

Bewegung beginnt nicht plötzlich und endet nicht plötzlich. Egal wie groß die Kraft ist, die einen Körper in Bewegung versetzt oder stoppt, es gibt zumindest eine kurze Phase der Beschleunigung bzw. Abbremsung.

Wie lang diese Phase dauert, hängt von der Größe der bewegten Masse und den auf die Masse wirkenden Kräfte ab.

AUTO

Gegenbewegung (Anticipation)

Aktive Bewegung, also Bewegung, die nicht durch äußere Krafteinwirkung erzwungen ist, wird meist durch eine kurze Gegenbewegung eingeleitet. Diese kann so deutlich wie das Ausholen mit einem Schläger sein, oder nur aus einer winzigen Gewichtsverlagerung bestehen.

Durch Gegenbewegung wird der Körper oder ein Körperteil wie eine Uhrfeder „aufgezogen“. Je größer die dadurch gespeicherte kinetische Energie ist, um so kraftvoller kann die resultierende Aktion ausfallen.

Die einleitende Gegenbewegung hat auch theatralische Bedeutung für die Animation, da sie die Zuschauer auf die folgende Aktion vorbereitet.

AUTO

Nochmals die „Billardkugel-Szene“. Durch die kurze Gegenbewegung zu Beginn erhält nicht nur die Kugel sondern die gesamte Szene mehr Schwung.

Die Gegenbewegung dieses Fußballspielers umfasst den gesamten Körper: Das Gewicht wird auf das linke Bein verlagert. Das rechte Bein holt Schwung, und wird dabei vom Oberkörper und den Armen unterstützt.

Bögen (Arcs)

In der realen Welt bewegen sich Objekte selten entlang einer Geraden. Gelenke, Luftwiderstand oder Gravitation lenken sie auf gekrümmte Bahnen.

AUTO

Zur Verdeutlichung ist eine Hand der Figur hervorgehoben.

Overlapping Action

Nicht alle Teile eines Körpers beschleunigen und bremsen gleichmäßig. Arme, Haare, Kleidung, Antennen oder größere Fettmassen folgen der Bewegung eines Körpers mit Verzögerung.

AUTO

Beachten Sie, wie die Arme des Kickers nach dem Schuss erst einige Bilder nach dem Oberkörper zur Ruhe kommen.

Squash and Stretch

Wirkt eine Kraft auf einen Körper, so wird dieser nicht nur beschleunigt oder gebremst, sondern auch verformt. Wie stark diese Verformung ausfällt, hängt von der Elastizität des Körpers, seiner Masse und damit seiner Trägheit ab, und von der Stärke der einwirkenden Kraft. Wichtig dabei: das Gesamtvolumen ändert sich kaum.

Während Formveränderungen in der Realität meist kaum sichtbar sind, werden sie in der Animation oft stark übertrieben dargestellt.

Die Bewegungsabläufe des Kickers und die Fluggeschwindigkeit des Balles sind gleich geblieben. Nur durch Squash and Stretch wurde der Szene zusätzliche Dynamik verliehen.

 

 

Literatur

Richard Williams: The Animators Survival Kit – A Manual of methods, Principles and Formulas. Faber and Faber, London, 2001

Frank Thomas, Ollie Johnston: The Illusion of Life – Disney Animation. Hyperion, New York, 1981


Notes
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